Mutual Perceptions – A Look at the 2000-2010 State of East-West Discourse in Germany and Austria
Veronika Bernard
Leopold-Franzens University, Innsbruck/ Austria
Abstract
Während der vergangenen zehn Jahre ist die Vorstellung eines Gegensatzes zwischen Ost und West zunehmend in den öffentlichen europäischen Diskurs eingedrungen. Der vorliegende Artikel vertritt die These, dass der gegenwärtige europäische Ost-West-Diskurs in der Tradition eines orientalistischen, auf dem Konzept des „Anderen“ beruhenden Diskurses nach Edward Said steht und dass folgerichtig seine diversen Aspekte die Ergebnisse einer diesen Diskurs dominierenden europäischen Selbst-Wahrnehmung sind. Um diese These zu untermauern, untersucht der Artikel exemplarisch vier deutsche und österreichische Diskurs-Beiträge auf ihre Verwurzelung in einem traditionellen orientalistischen Denken hin, sowie auf die aktuellen Auswirkungen dieses Denkens und auf potentielle zukünftige Perspektiven.
During the last decade the idea of West vs. East has increasingly entered the European public discourse. This article states that the current European East-West discourse is clearly in the tradition of an “otherizing” Orientalist discourse by Edward Said’s definition and that, consequently, its details can be seen as the results of an European self-perception dominating this discourse. In order to support this view the article will discuss four German and Austrian contributions to the discourse for their reception of a traditional Orient vs. Occident thinking; for their current consequences, and for possible future perspectives.
Evolution of the Turkish Culture:
From Pastoral Nomadic to Modern Islamic?
Serhan Oksay
Kadir Has University (Istanbul/ Turkey)
Abstract
Die antike griechisch-römische Vorstellung von Barbarei, die dazu führte, Nomaden als Nachkommen böser Geister zu sehen hat, sich seit der Antike wenig verändert. Seit damals werden viele Wissenschaftler/ Historiker in ihrem Denken von Stereotypen dominiert, indem sie argumentieren, nomadische Stämme, wie etwa die Hunnen, seien über alle Maßen unzivilisiert und wild. Leider haben sie nicht viel unternommen, um jene antiken Voreingenommenheiten zu korrigieren, trotz der Genozide an frühen Christen, Indianern, Afrikanern oder den europäischen Juden etc. durch entwickelte Gesellschaften. Andererseits betrachten die Türken, die alle Turkvölker als Nachfahren der Hunnen sehen, die nomadische und agrarische Lebensweise als ehrenvoll, weil sie ein Höchstmaß an Geschicklichkeit erfordert. Obwohl die aktuellen Konflikte zwischen Europäern und Türken unterschiedliche und vielfältige Ursachen haben, reichen ihre Wurzeln unter Umständen bis in die Antike zurück. Die negativen Verläufe kultureller Begegnungen unserer Zeit stehen in engem Zusammenhang mit den falschen Vorstellungen von nomadischem Leben, Barbarei und islamischer Kultur.
The ancient Graeco-Roman barbarian fantasy which gave birth to the tradition of seeing the pastoral nomadic tribes as descendants of evil spirits has little changed; Since then many scholars/ historians have been dominated by stereotypes; arguing that nomadic tribes such as the Huns were excessively savage and wild. Unfortunately, they have not done much to correct those antique biases despite the genocide of early Christians, American Indians, Africans or European Jews etc. by advanced societies. On the other hand, Turks, believing that the Huns are the ancestors of all Turkic tribes, think that the pastoral nomadic way of life required utmost dexterity, and therefore is honourable as much as agrarian societies. Although contemporary conflicts between the Europeans and Turks seem to have different and diverse sources, its roots may go as deep as Antiquity. The negative outcome of cultural encounters of our age is much related with the misconceptions on the pastoral nomadic way of life, barbarism and Islamic culture.
The First Victim of War – Considering Leftist Orientalism in the War Reporting of Richard A. Bermann and John Reed
Eugene Sensenig-Dabbous
Notre Dame University, Zouk Mosbeh/ Lebanon
Abstract
Richard A. Bermanns zwischen dem k. u. k. fin de siecle und dem 2. Weltkrieg erschienenen und heute weitgehend unbekannten Schriften, die sich mit so unterschiedlichen Regionen wie Indien, dem Nahen Osten, dem Balkan und der Türkei beschäftigen, stellen wichtige Beispiele eines progressiven österreichischen Blicks auf den Orient dar. Im Gegensatz zu Bermann wird John Reeds Bericht “War in Eastern Europe” („Der Krieg in Osteuropa“) von Medienwissenschaftlern weltweit noch immer als wichtiges frühes Beispiel eines anti-militaristischen Kriegsjournalismus studiert. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Bermanns unveröffentlichten autobiografischen Darstellungen der drei Jahre 1914 - 1916, die er als die Truppe begleitender „pazifistischer“ Kriegsberichterstatter für das österreichisch-ungarische “Kriegspressequartier” (K.P.Q.) verbrachte. Besonderes Augenmerk wird seinen Beschreibungen der „Orientalischen Front“ zwischen der Habsburgermonarchie und dem osmanischen Reich geschenkt. Diese Berichte über den Balkan und die Türkei werden denjenigen von John Reed gegenüber gestellt, der die Region unmittelbar vor dem Eintritt der USA in den Krieg als Gegner der Zentrumsmächte bereiste. Die kontrastierende Untersuchung von Reeds und Bermanns anti-imperialistischem und kriegs-gegnerischem Journalismus versucht festzustellen, ob beide Gefangene orientalistischer Kultur-Traditionen waren.
Publishing between the “k. u. k.” fin de siècle and the outbreak of WW II, Richard A. Bermann’s now largely unknown writing is an important manifestation of the progressive Austrian gaze on the Orient, dealing with regions as disparate as India, the Near East, the Balkans, and Turkey. In contrast to Bermann, John Reed’s report on the “War in Eastern Europe” is still studied as an important early example of anti-militarist war journalism by media scholars around the world. This paper will deal with Bermann’s unpublished autobiographical portrayal of the three years (1914-1916) he spent as an embedded “pacifist” war reporter with the Austro-Hungarian “Kriegspressequartier” (K.P.Q.), highlighting his descriptions of the “Oriental Frontier” between the Habsburg and the Ottoman Empires. It will juxtapose these portrayals of the Balkans and Turkey with those by John Reed who traveled in the same region immediately prior to the US entry into the war as an enemy of the Central Powers. A comparative study of Reed’s and Bermann’s anti-imperialist and anti-war journalism will attempt to determine whether, nevertheless, they were captives of Orientalist cultural traditions.
Edward Said and the Intellectual “Intifada”
Bassem Kamel
USEK University, Jounieh/ Lebanon
Abstract
Saids Konzept der “Weltlichkeit”, des “Säkularen Kritizismus”, des “kritischen Bewusstseins” und des Exils sind Meilensteine in seinem Verständnis der Rolle des Intellektuellen. In dieser Sichtweise ist der Text in der Welt angesiedelt, was so viel bedeutet, dass der Text ein Ereignis verkörpert, einen Teil der sozio-politischen und kulturellen Gegebenheiten, die die Realität der Welt ausmachen. Der Text erhält seine Form in einem historischen Moment, den Said als „Weltlichkeit“ definiert. Aber diese Welt-verbundene Interpretation darf nicht abgleiten in eine dogmatische, ideologisch enge Sichtweise sondern vielmehr in eine kritische Betrachtung. In Saids Verständnis sollte der Intellektuelle ein kritisches Bewusstsein besitzen, das die kulturellen, politischen, religiösen und sozialen Einschränkungen überwindet. Indem der Intellektuelle eine säkulare Position einnimmt, kann er eine Vision entwickeln, die frei von jenen Einschränkungen ist, die ihn an ein exklusivistisches gedankliches System binden. Er kann so der Hegemonie und der Kontrolle der dominierenden Kultur entkommen. Als säkularer Kritiker eines Textes kann der Intellektuelle den Text kritisch betrachten. Said schöpft aus seiner Erfahrung des Exils und betrachtet Exil und Vertreibung als Ausgangspunkt jenes säkularen und kritischen Blickwinkels, der den Text und die Welt in einer pluralistischen Vision erfassen kann. Der im Exil lebende Intellektuelle als ein vertriebenes Bewusstsein, als Figur am Rande der Gemeinschaft, der zwischen den Welten, Kulturen und Nationalitäten steht, ist derjenige, der am ehesten ein säkulares Bewusstsein besitzt. Er ist in der Lage, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen, Ungerechtigkeit und Unterdrückung im Rahmen einer intellektuellen „Intifada“ (d. i. der Kampf der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten gegen die Besatzer) anzuklagen. Said ist das Beispiel eines engagierten Intellektuellen, der die Krisen einer räumlich begrenzten Kultur versteht, der aber gleichzeitig in der Lage ist, diese Krise als universelles Phänomen zu sehen. Er stellt es in einen globalen Zusammenhang und in Beziehung zu anderen Weltkulturen.
Said’s concepts of ‘worldliness’, ‘secular criticism’, ‘critical consciousness’ and exile are milestones in his mapping of the role of the intellectual. In this perspective, the text is situated in the world, which means that the text is an event, a part of the socio-political and cultural circumstances that make up the reality of the world. It takes shape in a historical moment which Said designates as ‘worldliness’. But this worldly interpretation must not fall into a dogmatic, ideological narrow-minded view but rather a critical examination. Then, to Said, the intellectual should have a critical consciousness that transcends the cultural, political, religious and social restrictions. By adopting a secular angle, the intellectual can have a vision that is free from these limitations that bind him/her to an exclusivist system of thought and can escape the hegemony and control of the dominant culture. Being a secular critic of the text gives the intellectual a vantage point whereby he/she can look at the text sceptically. Said draws from his experience of exile and considers that exile and displacement create that secular, critical eye which can gaze at the text and the world in a pluralistic vision. The exiled intellectual in her/his status as displaced consciousness, as a marginal figure, standing between worlds, between cultures and nationalities is the most likely to have a secular critical consciousness, able to speak truth to power, denouncing injustice and oppression in an intellectual ‘intifada’. Said is an example of an engaged intellectual, who understands the crises of a certain local culture but who is also able to universalize this crisis, linking it to the global dimension, to other world cultures.
Increasing ‘Orientalism’ in Turkey’s Foreign Policy?
Dirk Rochtus
Lessius University College, Antwerp/ Belgium
Abstract
Die Türkei entwickelt gerade eine neue außenpolitische Strategie, „Strategic Depth (Strategische Tiefe)“ genannt, mit dem Ziel, nicht nur mit dem Westen sondern auch mit den muslimischen Nachbarstaaten zusammenzuarbeiten. Die Türkei konsolidiert auf diese Weise ihre Position in der traditionellen Einflusssphäre aus Osmanischer Zeit. Aufgrund ihres religiöseren Hintergrundes fällt es der AKP-Regierung leichter, ihre Fühler in dieser größeren Region auszustrecken als dies den bisherigen kemalistischen Entscheidungsträgern möglich war. Der Enthusiasmus für einen Beitritt zur EU scheint abgekühlt zu sein. Bedeutet dies zusammen mit der an Israel geäußerten Kritik, dass die Türkei sich vom Westen wegbewegt? Die Meinungen darüber sind geteilt: Einige Analysten sprechen von einem neuen „Orientalismus“, während andere sagen, die Türkei verfolge nur eine Politik der „Komplementarität“. Sogar der Nahe Osten möchte den Westen nicht aufgeben. Die Lösung könnte darin liegen, dass die Türkei als sowohl dem Westen als auch dem Osten zugehörig gesehen wird.
Turkey is developing a new foreign policy called the ‘Strategic Depth’ through which she wants to deal not only with the West but also with the Muslim neighbouring states. So Turkey is consolidating her position in her traditional influence sphere stemming from Ottoman times. Due to its more pious background it may be easier for the AKP government to throw out its feelers in that broader region than the old Kemalist establishment. The enthusiasm for accession to the European Union seems to have cooled down. Does this in combination with the criticism on Israel mean that Turkey is drifting away from the West? Opinions are divided: some analysts talk about a new ‘Orientalism’, whereas others say that Turkey is just conducting a policy of ‘complementarity’. Even the Middle East does not want to give up the West. The solution might be that Turkey is seen as belonging to the West as well as to the East.
Freud’s Turkey.
Psychoanalysis and the Vicissitudes of Orientalism
Frank F. Scherer
York University, Toronto/ Canada
Abstract
Freuds Orient unterteilt sich in gute und böse Gegenspieler, die beispielsweise von Ägypten und der Türkei verkörpert werden. Diese narzistischen Zugänge zu einer Serie von ambivalenten „Orienten“ führen regelmäßig zurück zu einem früheren, traumatisch erlebten Orient des Judentums und des Antisemitismus. Indem er die Figur des Ostjuden, der sich hinter vielen seiner exotischen Erkundungen verbirgt, zutiefst fürchtet und verabscheut, entwickelt und entfaltet Freud seinen ganz speziellen Orientalismus als eine Form des Widerstandes gegen einen antisemitischen orientalistischen Diskurs. Trotzdem können seine mit Widersprüchen überladenen Versuche einem antisemitischen Orientalismus durch eine strategische Verkehrung Paroli zu bieten nicht erfolgreich sein, weil er unfähig ist, sich von den historischen Annahmen dieses Diskurses freizuhalten. Von diesen Schwierigkeiten abgesehen, ist es das revolutionäre Konzept des von Freuds psychoanalytischer Theorie postulierten „unstable subject“ („unbeständiges Subjekt“), das letztlich allen orientalistischen Diskurs dekonstruiert hat.
Freud’s Orient is stereotypically split into good and bad opposites played out, for example, by Egypt and Turkey. These narcissistic inroads into a series of ambivalent Orients regularly lead back to an earlier, traumatic East made of Jewishness and anti-Semitism. Dreading the figure of the Ostjude, or Eastern Jew, who is concealed behind many of his exotic excursions, Freud develops and deploys his own particular brand of Orientalism as a mode of resistance against anti-Semitic Orientalist discourse. Yet, overburdened by contradiction, his attempts to resist anti-Semitic Orientalism by way of strategic reversal cannot succeed as he is unable to extricate himself from the historical assumptions of that discourse. In spite of these difficulties, it is the revolutionary concept of the unstable subject posited by Freudian psychoanalytic theory which, ultimately, deconstructs all Orientalist discourse.
Expected Conflicts?
Intercultural Competence beyond Concepts of Otherness in Event Management in Sports and Culture
Gernot Wolfram
University of Applied Sciences Kufstein, Kufstein/ Austria
Abstract
Nach Bruno Latour muss die Verwendung von Begriffen wie „cultural influences“ (kulturelle Einflüsse) oder „social environments“ (gesellschaftliche Umfelder) wegen der großen Spannbreite möglicher, an sie geknüpfter Assoziationen als problematische Ansätze zur Beschreibung menschlichen Verhaltens in spezifischen Lebenssituationen betrachtet werden, wie etwa interkulturellen Begegnungen. Deshalb schlägt der Artikel vor, die konkreten Spuren („traces“) der kulturellen und sozialen Umfelder genauer zu betrachten, ohne dabei zu rasch Konflikte als etwas, das solchen Begegnungen eingeschrieben ist, zu erwarten. Traditionelle Konzepte des Anderen führen sehr oft direkt zur Erwartung von Konflikten oder Missverständnissen in interkulturellen Diskussionen und Auseinandersetzungen. Interkulturelle Kompetenz ist daher sehr oft darauf fokussiert, wie man potentielle Konflikte vermeiden kann. Der Artikel beschäftigt sich damit, ob dieser Fokus hilfreich sein kann in der Erwerbung interkultureller Kompetenz oder ob man ihn als Teil eines speziellen wissenschaftlichen Konzepts interkultureller Interpretation der westlichen Welt sehen sollte. Von Autoren wie Julia Kristeva, James Clifford und Clifford Geertz gehen wichtige Einflüsse auf diese wissenschaftliche Diskussion aus.
According to the works of Bruno Latour using terms like “cultural influences” or “social environments” are problematic approaches to describe human behaviour in special life situations such as intercultural encounters because of the huge field of possible associations which can be generated by these terms. Therefore the article suggests looking more precisely into the concrete “traces” of cultural and social backgrounds in intercultural situations without expecting conflicts too quickly as something that would belong naturally to such encounters. Traditional concepts of otherness very often lead straight to the expectation of conflicts or misunderstandings in intercultural debates. Intercultural competence is therefore very often focused on questions how to avoid potential conflicts. The article will discuss if this focus is helpful to gain intercultural competence, or if it is to be seen as part of special scientific concepts of intercultural interpretations of the western world. Authors like Julia Kristeva, James Clifford and Clifford Geertz are important influences for this scientific discussion.
“Who am I, and how can I be me?” – A Desired Europeaness as the Turkish “Other” in Orhan Pamuk’s Writing
Veronika Bernard
Leopold-Franzens University, Innsbruck/ Austria
Abstract
Die von Orhan Pamuk zwischen 1984 und 1998 verfassten Romane[i] führen den Leser in eine Welt, die von einer vergleichsweise hohen Anzahl an Charakteren bevölkert wird, die ihre Identität verzweifelt in Frage stellen. Der vorliegende Beitrag vertritt die These, dass der Identitätskonflikt als das zentrale Thema in Pamuks Schriften betrachtet werden kann. Das Thema wird in einer Weise entwickelt, die die individuelle Ebene der Selbst-Wahrnehmung mit einem semi-authentischen historischen Kontinuum eines in sich geschlossenen fiktionalen historischen Systems verknüpft. Innerhalb dieses Systems wird die Selbst-Wahrnehmung der Charaktere durch die von ihnen definierten kulturellen Dichotomien geprägt, und durch das Konzept des „Anderen“. Der Beitrag diskutiert das Identitätsthema im Kontext eines ersehnten stereotypisierten Europäisch-Seins, das in Pamuks Romanen die Stelle des „Anderen“ einnimmt, und er wirft im Weiteren einen Blick auf die Aufnahme von Pamuks Texten im In- und Ausland.
The novels written by Orhan Pamuk between 1984 and 1998[ii] introduce the reader to a world inhabited by a comparatively high number of people desperately questioning their identities. In fact, this paper states that the identity conflict can be seen as the central theme in Pamuk’s writing. The theme is developed in a way that directly links the individual level of the character’s self-perception to a semi-authentic historical continuum forming the self-contained system of a coherent fictionalized Turkish history. Within this system the character’s self-perception is shaped by self-defined cultural dichotomies and the concept of the “Other”. The paper discusses the identity theme within a context of a desired (stereotypical) Europeaness, which takes the place of the Turkish “Other” in Pamuk’s writing, and it looks at the response to Pamuk’s novels at home and abroad.
[i] These are: Orhan Pamuk: Beyaz Kale, Istanbul: İletişim 1985 (German edition: Orhan Pamuk: Die weiße Festung, München, Wien 2005); Orhan Pamuk: Kara Kitap, İletişim 1990 (German edition: Orhan Pamuk: Das Schwarze Buch, München, Wien 1995); Orhan Pamuk: Yeni Hayat, Istanbul: İletişim 1994 (German edition: Orhan Pamuk: Das neue Leben, München, Wien 1998); Orhan Pamuk: Benim Adım Kırmızı, Istanbul: İletişim 1998 (German edition: Orhan Pamuk: Rot ist mein Name, München, Wien 2001)
[ii] See endnote no. 1.
Mutual stereotypes: Locals and Expatriates in the UAE
Mohamad Masad
Zayed University, Dubai/ United Arab Emirates
Abstract
Gegenseitige Stereotypisierungen sind fast unsichtbare aber tief verwurzelte Teile der ansonsten harmonischen Beziehungen zwischen Einheimischen der Vereinigten Arabischen Emirate und westlichen Auswanderern, die in den Emiraten leben. Anekdotische Belege lassen vermuten, dass diese Praxis weit verbreitet, komplex und aussagekräftig bezüglich der sozio-kulturellen Probleme ist, die sich für jede Gruppe aus ihrer Position in der gesellschaftlichen Struktur ergeben. Es gibt nur wenige Forschungsergebnisse zu diesem Thema, und das Problem wird in der Öffentlichkeit wenig diskutiert. Der Großteil der Diskussionen wird in Blogs und den elektronischen Medien ganz allgemein geführt. Das Problem fügt sich in die gesellschaftliche Geographie des Landes ein, die von einer Ausgrenzung sozialer Gruppen gekennzeichnet ist, sowie in den sozio-ökonomischen, kulturellen und historischen Kontext. Das Problem wird an einigen Beispielen illustriert. Darüber hinaus wird eine Anzahl von Initiativen diskutiert, die darauf abzielen, die Stereotype zu brechen.
Mutual stereotyping is an almost invisible, but deeply rooted part of the reality of otherwise harmonious relations between local Emiratis and western expatriates living in the UAE. From anecdotal evidence, the practice seems widespread, complex, and indicative of the socio-cultural problems relating to each group’s place in the social structure. There is little research on this topic and the problem is rarely discussed in public, leaving much of the discussion to the blogosphere and electronic media. The problem is framed into the country’s social geography of segregation of communities, and placed within the socio-economic, cultural and historical contexts. Some examples are given to illustrate the problem and a number of initiatives aiming at breaking the stereotypes are discussed.
Altering Perceptions.
Exploring How Images Contribute to Stereotyping of Arabs
Tina Sleiman
Zayed University, Dubai/ United Arab Emirates
Mookesh Patel
Arizona State University, Arizona/USA
Molly Schoenhoff
Arizona State University, Arizona/USA
Abstract
Bilder entwickeln eine dauerhafte Macht: Sie sind mächtig genug um wirkliche Menschen in den Köpfen der Betrachter zu schemenhaften, konturenlosen Figuren werden zu lassen. Obwohl sich viele Forscher mit den stereotypisierenden Darstellungen von Arabern in den Medien beschäftigt haben und diverse Vorschläge zur Reduktion der Auswirkungen der schädlichen und abträglichen Bilder gemacht wurden, haben nur wenige Studien die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Lösungswege überprüft. Die von uns durchgeführte Umfrage wendet die Vorschläge an und überprüft sie durch ein visuelles Projekt. In der Studie erhielten die Teilnehmer visuelle Umfragen zur Betrachtung, Verinnerlichung und Kommentierung über einen Feedback-Mechanismus. Jede experimentelle Umfrage enthielt eine „vorher“ Phase, in der den Teilnehmern ohne jegliche Zusatzinformation das Bild eines Individuums gezeigt wurde, und eine „nachher“ Phase, in der Hintergrundinformation zur Verfügung gestellt wurde. Die Umfragen wurden mit Studenten des ersten Studienabschnittes an der Arizona State University durchgeführt. Die Antworten lassen vermuten, dass das betrachtete Publikum empfänglich ist für stereotypisierende Botschaften in den Massenmedien und dass der Austausch von vereinfachenden Bildern durch aussagekräftige die Wahrnehmung der Araber tendenziell hebt.
Images are persistently powerful: powerful enough to transform real people into skimmed figures in a viewer’s mind. Although many researchers have surveyed stereotypical portrayals of Arabs in the media, and some suggestions that aim at reducing the effect of harmful images have been proposed, few studies have tested the efficacy of the proposed suggestions. This enquiry applies and tests those suggestions through a visual project. In the study, participants received visual surveys to consume, internalize, and comment upon through a feedback mechanism. Each experimental survey contained a “before” phase with a tightly cropped image of an individual and an “after” phase that revealed contextual details. The surveys were conducted with undergraduate students at Arizona State University. Responses suggest that the audience studied is vulnerable to stereotypical messages in popular media, and that substituting simplistic images with revealing ones can, more often than not, enhance perceptions of Arabs.
(In)visibility of Islam in the Public Sphere in Europe
Fatih Okumuş
Vrije Universiteit Amsterdam, Amsterdam/ The Netherlands
Abstract
Kleidungskonventionen sind die am deutlichsten sichtbaren Indikatoren einer muslimischen Identität von Frauen in der Öffentlichkeit. Den Kopf bedecken, sich verschleiern, das Kopftuch, tesettur und hijab der modernen muslimischen Frauen ist den Kleidungsgewohnheiten traditioneller Muslima unähnlich. Handschütteln wurde in den Niederlanden zum polemisch diskutierten Thema, als ein Imam sich weigerte der Ministerin für Integration, Rita Verdonk am 20. November 2004 die Hand zu schütteln. Die meisten Imame schütteln aber die Hand einer Angehörigen des anderen Geschlechts, wenn daraus mehr Vorteile (maslahat) entstehen als potentieller Schaden (mafsadat) durch die Zurückweisung der dargebotenen Hand eines anderen. Gleichzeitig akzeptierten sie aber das Händeschütteln nicht als Normalität innerhalb der muslimischen Gemeinschaft. Ich möchte eine Neu-Interpretation einiger sichtbarer kultureller Konventionen und Regelungen des Islam versuchen, wie etwa die Kleidungskonventionen und die körperliche Berührung. Die Ablehnung des Händedrucks mit dem anderen Geschlecht oder das Tragen eines Kopftuchs können leicht als politische und religiöse Symbole gesehen werden. Ich vermute, dass sie auch kulturelle Kodierungen (âdâb) sind, die sich aus einem anderen Wertesystem ergeben.
Dress codes are the most visible indicators of Islamic identity of Muslim women in public domain. Covering, veiling, headscarf, tesettur or hijab of modern Muslim women is not similar with traditional Muslim women. Handshaking became a polemical issue in the Netherlands when an imam refused to shake hands with the minister Rita Verdonk, who was responsible for integration, on 20th November 2004. However, most of imams shake hands of opposite sex when there are more benefits (maslahat) of handshaking than damage caused (mafsadat) by refusing the hand of others. At the same time they did not accept normalization of handshaking as a cultural code among the Muslim community. I would like to reread some visible cultural codes of Islam like dress codes and physical contacts. Refusing shaking hands of the opposite sex or wearing a headscarf can easily be seen as political or religious symbols. I suppose that these are also cultural codes (âdâb) referring to other value system.
On Terrorists and Top Athletes.
A Frame-Analysis of Stereotypical Evaluations of Muslims by East German Regional Newspapers
Stephan Sielschott
Philipps-Universität Marburg, Marburg/ Germany
Abstract
Mit Blick auf die Berichterstattung der ostdeutschen Regionalzeitungen „Nordkurier“ und „Volksstimme“ im Oktober 2008 wurden mittels inhalts- und clusteranalytischer Verfahren zwei sogenannte Stereotypen-Frames identifiziert. Innerhalb des 70% aller Artikel zum Islam umfassenden Kälte- und Schädigungs-Frames wurden Muslime häufig im Zusammenhang mit Terrorismus thematisiert. Sie wurden als kalt bzw. unmoralisch bewertet, ihrem Verhalten wurden negative Effekte für andere Akteure zugeschrieben, für die sie selbst verantwortlich gemacht wurden und es wurde ein negatives bzw. schädigendes Verhalten ihnen gegenüber thematisiert. Rund 30% aller codierten Artikel waren dagegen dem Kompetenz- und Kooperations-Frame zuzuordnen. Kompetenz-Zuschreibungen galten hier vor allem muslimischen Sportlern und Künstlern. Es wurden fast ausschließlich selbstverantwortete positive Verhaltenseffekte und ein in der Folge kooperativer Umgang mit Muslimen thematisiert. Die Berichterstattung über Muslime fand weder im Regional- noch im Lokalteil und somit lediglich in eher alltagsfernen Rubriken und außeralltäglichen Handlungszusammenhängen statt.
Within the coverage of two German regional newspapers in October 2008 two so-called stereotype-frames about Muslims were identified using content analysis and latent class analysis. Inside the Cold- and Harm-Frame which includes 70 % of all articles, Muslims were mostly thematized in the context of terrorism. Muslims were evaluated as cold or rather immoral, negative effects for other people were attributed to their behaviour, they were held fully responsible for these consequences, and a harmful behaviour of other protagonists against them was thematized. In contrast, about 30 % of the articles belonged to the Competence- and Cooperation-Frame. Competence was frequently ascribed to Muslim sportsmen and artists. Almost exclusively positive behavioural effects and cooperative associations with Muslims were mentioned. The coverage about Muslims occurred merely in sections and contexts of action which are rather far away from everyday life, whereas it neither took place in the regional section nor in the local section of the newspapers.
Censorship and Westernization in Beirut: Al-Nahla’s Downfall (Beirut, 1870)
Rogier Visser
University of Amsterdam, Amsterdam/ The Netherlands
Abstract
Als Konsequenz eines bestimmten Konfliktes zwischen Louis Ṣābūnjī auf der einen Seite und Buṭrus al-Bustānī und seinem Sohn Salīm auf der anderen Seite, entwickelte sich Ṣābūnjīs al-Naḥla Magazin (Beirut, 1870) zum ersten arabischen Magazin, das von den osmanischen Behörden verboten wurde. In diesem Beitrag argumentiere ich, dass dieser Konflikt durch bestimmte Bilder des Ostens (und des Nicht-Ostens) verschärft wurde. Ṣābūnjī argumentiert, dass der Osten intrinsisch religiös sei, und er wendet dieses Bild in ihrem Konflikt an. Ṣābūnjī beschuldigte daher die Bustānīs im Diskurs eines nicht-östlichen und deshalb essentiell inkorrekten Verhaltens. Dadurch entwickelt sich der Konflikt zu mehr als nur dem Produkt zweier inkompatibler Charaktere.
As a consequence of a particular conflict between Louis Ṣābūnjī on the one hand and Buṭrus al-Bustānī and his son Salīm on the other hand, Ṣābūnjī’s al-Naḥla magazine (Beirut, 1870) became the first Arabic magazine to be banned by the Ottoman authorities. In this paper I argue that this conflict was aggravated by particular stereotypical images of the East (and the non-East). Ṣābūnjī argued that the East is intrinsically religious, and implements this image within their conflict. Ṣābūnjī thus discursively accused the Bustānīs of non-Eastern, and thus essentially incorrect, behaviour. In this way the conflict becomes more than just the product of two incompatible characters.
Ways of Promoting or Blocking Intercultural Understanding in the National and Ethnic Media
Kutlay Yağmur
University of Tilburg, Tilburg/ The Netherlands
Abstract
Die Berichterstattung in holländischen/ niederländischen Medien und in den Medien der in den Niederlanden lebenden (migrantischen) Gemeinschaften scheint die Verbreitung und Intensivierung von sozio-kulturellen Konflikten zu befördern. Wie in anderen westeuropäischen Ländern verursacht die Angst vor Terroranschlägen in den Niederlanden Misstrauen und diskriminierende Vorurteile gegen islamische Gemeinschaften. Der wachsende sozio-kulturelle und religiöse Konflikt macht die Zusammenarbeit von Forschern mit unterschiedlichen Hintergründen und aus unterschiedlichen Disziplinen nötig, um die vielfältigen Dynamiken der Konfliktsituationen aufzudecken und zu entschlüsseln. In diesem Beitrag werde ich mithilfe der Kritischen Diskursanalyse (CDA) die Berichterstattung zu bestimmten sozialen und religiösen Fragen und Anliegen in holländischen/ niederländischen Medien und in den Medien der in den Niederlanden lebenden (migrantischen) Gemeinschaften bewerten, um zu zeigen, in welchem Ausmaß die Medien interkulturelles Verstehen befördern oder behindern bzw. blockieren.
Dutch and ethnic media coverage appears to contribute to the spreading and intensification of socio-cultural conflicts. Along with other West European countries, the fear of terrorist attacks causes mistrust and discriminatory prejudice against Islamic groups in the Netherlands. Increasing socio-cultural and religious conflict necessitates the collaboration of researchers from different backgrounds and disciplines to uncover various dynamics of conflict situations. In this paper, by using critical discourse analysis (CDA), I will evaluate Dutch and ethnic media coverage of certain social and religious issues to uncover to what extent the media promotes or blocks intercultural understanding.
All Evil comes from the East.
A Vampire and the Cholera as the Agents of an (East-born) Threat to Western Society in Bram Stoker’s Dracula and Thomas Mann’s Death in Venice
Veronika Bernard
Leopold-Franzens University, Innsbruck/ Austria
Abstract
Das klassische Medium von Reisen zwischen den Kulturen ist die Reiseliteratur. Sie finden aber auch als fiktive Reisen Eingang in fiktionale Texte. Bram Stokers Dracula und Thomas Manns Der Tod in Venedig sind Beispiele solch metaphorischer Reisen zwischen den Kulturen. Die Kulturen, die in den beiden Texten als entgegen gesetzte und inkompatible Konzepte präsentiert werden, sind Orient und Okzident. Innerhalb dieser Konstellation wird der Osten als das kulturelle „Andere“ konstruiert, das sich als Bedrohung gegen die Gesellschaft und die Kultur des Westens richtet. Der vorliegende Beitrag legt dar, wie sich die Konstruktion des Ostens als das den Westen bedrohende „Andere“ in eine inner-europäische Tradition der wechselseitigen stereotypisierenden kulturellen Verunglimpfung und Abwertung einfügt, deren Ursprung im europäischen Nationalismus des 19. Jahrhunderts liegt, und wie diese Tradition über die Literatur popularisiert wurde.
The classical field for journeys between cultures is travel writing. However, they also appear as fictitious journeys in texts of fiction. Bram Stoker’s Dracula and Thomas Mann’s Death in Venice are examples of such metaphorical journeys between cultures. The cultures involved in the two texts are the West and the East. They are presented as opposing and incompatible cultural concepts. Within this context the East is “otherized” and presented as a threat to western society and culture. The article illustrates how inner-European “otherizing” traditions inter-relate with the European tradition of “otherizing” the East, and vice versa; and how these traditions are made popular and are passed on by popular and canonized European literature as a result of 19th century European nationalisation.
Stereotyping and Constructions of the Other as ‘Strategies of Symbolic Containment and Risk’ in Travel Writing
Atalay Gündüz
Ege University, Izmir/ Turkey
Abstract
Wie Michael Pickering richtig feststellt, tendiert der Nationalismus dazu eine „wir“ gegen „sie“ Dichotomie zu konstruieren, in der das Andere benützt wird, um ein Bewusstsein für nationale Identität und sozialen Zusammenhalt zu schaffen. Die Politik der Zugehörigkeit und der Nicht-Zugehörigkeit spielt eine essentielle Rolle in der Erhebung dessen, was „kulturell nahe, ähnlich und gewohnt ist über das, was entfernt und unähnlich“ ist. Eine andere Strategie, die angewandt wird, um kulturelle Zugehörigkeit zu erhalten ist die „Abspaltung von all jenem, das im Kontrast zum national Verbindenden steht“ (109). Um den Islam als die „charakteristische Lebensweise“ in der Türkei zu definieren, trennen die meisten Reiseberichte die Türkei von Europa. Es ist schon fast zur Konvention geworden, „Strategien des symbolischen In-Schach-Haltens und Risiko-Strategien“ (strategies of symbolic containment and risk) anzuwenden, um die Türkei als eine Bedrohung für Europa darzustellen. Dieser Beitrag untersucht, wie Reiseberichte Stereotype nutzen, um die Türkei dem Bereich des Anderen zuzuordnen und so europäische Identität und Einheit zu schaffen.
As Michael Pickering rightly observes, nationalism tends to use ‘us’ against ‘them’ dichotomy, using “the other” to construct a sense of national identity and social cohesion. The politics of belonging and not belonging plays a crucial role in celebrating what is “culturally close and familiar above what is distant and dissimilar.” Another strategy used to maintain the cultural belonging is the “dissociation from what is contrasted with national mediations” (109). For deploying Islam as the “characteristic form of life” in Turkey, most travel writing divides Turkey from Europe. It is almost a convention to use “strategies of symbolic containment and risk” to depict Turkey as a threat to Europe. This paper investigates how travel accounts could use stereotypes to other Turkey so as to form a sense of European identity and unity.